Tausendschön und Superheld?

12. Juni 2025 Aus von Angelika Rohr

Lassen wir zwei Zitate auf uns wirken: „Tausendschön kämmte in der Flasche sitzend ihre Haare. Dann aß sie ein paar Löffel Marmelade und blieb im Flaschenhals stecken. Ihre Hüften waren zu dick geworden.“ und „Der Junge sprang auf das Dach, kletterte über die Feuerleiter hinunter und rettete seine zitternde Schwester.“


Ist es nicht spannend, dass wir 2025 immer noch zahlreiche Kindergeschichten vorlesen, die mehr als veraltete Rollenklischees bedienen? Dabei spreche ich nicht von Jahrhunderte alten Märchen, sondern auch von neu geschriebenen Geschichten, publiziert nach 2020.

Das zarte, weinerliche, zerbrechliche Mädchen, das ängstlich ist und sich erst wohlfühlt, wenn der starke Bub sie rettet? Selbst ältere Geschichten werden in überarbeiteten Neuauflagen nur geringfügig abgeändert, jedoch spannenderweise kaum in Bezug auf das traditionell-veraltete Rollenbild. Aktuelle Studien belegen, dass im Jahr 2025 nach wie vor das Geschlecht der Hauptrollen zu zwei Drittel männlich ist. Frauen und Mädchen werden überwiegend in häuslichen, pflegenden, kümmernden, besorgten, wohlwollenden Tätigkeiten beschrieben, während Buben nach wie vor eher stark, heldenhaft, im Freien, sportlich, laut und „die Lösung bringend“ dargestellt werden.